
In Zeiten von Smartphones, Voice-over-IP und Messenger-Diensten scheint das klassische Festnetztelefon ein Relikt aus einer anderen Ära zu sein. Doch ganz so eindeutig ist das Bild nicht. Zwar verändert sich die Kommunikationslandschaft rasant, dennoch bleibt die Frage offen: Hat die Festnetztelefonie noch eine Zukunft – und wenn ja, in welcher Form?
Ein kurzer Rückblick: Die Blütezeit des Festnetzes
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war das Festnetztelefon ein zentrales Kommunikationsmittel in Haushalten und Unternehmen. Wer erreichbar sein wollte, war an eine Ortsnummer gebunden. Mit dem Aufkommen der ISDN-Technologie in den 1990er-Jahren erlebte die Festnetztelefonie einen technologischen Aufschwung, der Funktionen wie Anklopfen, Makeln oder Dreierkonferenzen ermöglichte.
Doch seit dem Siegeszug der Mobiltelefone, insbesondere der Smartphones ab 2007, begann der Stern der Festnetztelefonie langsam zu sinken. Die Nutzung ging Jahr für Jahr zurück, während mobile Geräte immer dominanter wurden.
Zahlen und Trends: Nutzung auf dem Rückzug
Die Statistik spricht eine klare Sprache: Die Zahl der Festnetzanschlüsse in Deutschland und Europa sinkt kontinuierlich. Laut Bundesnetzagentur nutzten im Jahr 2023 nur noch etwa 40 % der Haushalte regelmäßig einen Festnetzanschluss. In vielen jüngeren Haushalten ist das Festnetz bereits vollständig verschwunden – nicht zuletzt, weil Mobilfunktarife heute oft Flatrates für alle Netze beinhalten und durch Messenger wie WhatsApp oder Signal klassische Telefongespräche überflüssig erscheinen.
Gleichzeitig setzen viele Internetanbieter heute nur noch auf sogenannte „IP-basierte Anschlüsse“, bei denen die Telefonie technisch über das Internet läuft. Das klassische analoge oder ISDN-Festnetz ist damit in weiten Teilen abgeschafft – zumindest in seiner ursprünglichen Form.
Warum das Festnetz (noch) nicht tot ist
Trotz rückläufiger Nutzung hat das Festnetz einige Vorteile, die vor allem für bestimmte Zielgruppen und Szenarien relevant bleiben:
- Stabilität und Sprachqualität: Festnetzverbindungen (besonders über Glasfaser oder VDSL) bieten oft eine höhere Sprachqualität und Stabilität als Mobilfunk, besonders in Gebäuden mit schlechtem Empfang.
- Sicherheit: Für ältere Menschen gilt das Festnetz als besonders zuverlässig – vor allem im Notfall. Viele Notrufsysteme sind an Festnetzanschlüsse gekoppelt.
- Kostenkontrolle: In Haushalten mit Kindern oder älteren Menschen ohne Smartphone bietet ein Festnetzanschluss eine klare Struktur und Kontrolle ohne zusätzliche mobile Kosten.
- Gewerbliche Nutzung: In vielen Büros und Praxen ist ein fester Telefonanschluss nach wie vor Standard, auch aus Gründen der Seriosität und Erreichbarkeit.
Technischer Wandel: Das Festnetz wird digital
Was viele nicht wissen: Das „moderne Festnetz“ ist technisch längst kein klassisches Kupferkabel-System mehr. Seit der Umstellung auf All-IP-Technologie erfolgt die gesamte Kommunikation – Sprache, Fax, Daten – über Internetprotokolle. Das bedeutet: Auch der Festnetzanschluss läuft heute im Grunde über das Internet, nur dass viele Endnutzer es nicht merken.
Diese Transformation macht das Festnetz flexibler, ermöglicht Cloud-Telefonanlagen, einfache Weiterleitungen auf Smartphones und neue Integrationen mit anderen Kommunikationsdiensten – vor allem im geschäftlichen Bereich.
Veränderte Anforderungen durch Homeoffice und hybride Arbeit
Seit der Corona-Pandemie ist die Zahl der Menschen, die im Homeoffice arbeiten, stark gestiegen. Damit verbunden ist auch ein gewisser Bedeutungsgewinn für Festnetzanschlüsse, insbesondere für professionelle Nutzung: klare Sprachqualität, feste Erreichbarkeit, Integrationen in virtuelle Telefonanlagen – all das kann das Festnetz (in seiner modernen Form) leisten.
In Kombination mit digitalen Tools wie Microsoft Teams oder Zoom werden hybride Kommunikationsmodelle immer häufiger – und die klare Trennung zwischen „Festnetz“ und „Internetkommunikation“ verwischt zunehmend.
Der Generationenunterschied: Wer nutzt noch Festnetz?
Festnetztelefonie ist heute vor allem in älteren Zielgruppen verbreitet. Laut Umfragen telefonieren Menschen über 65 deutlich häufiger über das Festnetz als über das Handy. Für viele von ihnen ist es ein Stück Sicherheit und Gewohnheit – ein vertrautes Gerät mit klarer Bedienung.
Jüngere Generationen hingegen wachsen oft ohne Festnetz auf. Für sie ist das Handy das primäre (oder einzige) Kommunikationsmittel. Die Frage, ob man „eine Festnetznummer hat“, ist in dieser Altersgruppe oft bedeutungslos.
Totgesagt – aber nicht verschwunden
Die Festnetztelefonie befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel – und obwohl sie in ihrer alten Form wohl keine Zukunft mehr hat, lebt sie in neuer Gestalt weiter. IP-basierte Festnetztelefonie, hybride Telefonanlagen, virtuelle Rufnummern: All das zeigt, dass die Technik nicht verschwindet, sondern sich anpasst.
Für bestimmte Zielgruppen, Anwendungsfälle und Branchen wird es weiterhin Bedarf für fest verankerte, stabile und professionelle Telefonie geben. Die Zukunft der Festnetztelefonie ist digital, vernetzt und zunehmend unsichtbar – aber nicht irrelevant.
Quelle: ARKM Redaktion