Die Welt der Telekommunikation

Innovationsmotor 5G – Neuer Mobilfunkstandard bietet große Chancen für die Telekommunikation

5G ist in aller Munde. Der verheißungsvolle neue Kommunikationsstandard begeistert nicht nur potenzielle Anwender, sondern auch und insbesondere die Netzbetreiber, die sich in diesem Kontext vor allem zwei Fragen stellen: die Frage nach der nächsten Killer-Applikation und die Frage nach lukrativen neuen Geschäftsmodellen. Letztere ist angesichts zahlreicher qualitativ neuer Eigenschaften des 5G-Netzes, vor allem aber wegen der Diskrepanz zwischen hohen Investitionen und intensiver Nachfrage einerseits und – aus Sicht der Netzbetreiber – unzureichender Profitabilität andererseits höchst berechtigt. Auf die erste Frage gibt es für die Netzbetreiber keine befriedigende Antwort. Daher ist bei der zweiten Frage dieser Aspekt zu berücksichtigen, um nicht ebenfalls in eine Sackgasse zu führen.

Schon Ende der 1990er Jahre stellte sich die Telekommunikationsbranche inklusive aller Branchenverbände angesichts der Einführung des neuen 3G-Netzes höchst intensiv die Frage: „Was wird die neue Killer-Applikation?“ Das UMTS-Forum schien im Jahr 1996 fast schon dafür gegründet worden zu sein, diese Frage zu beantworten. Allein der Erfolg hielt sich in Grenzen: Es blieb bei Sprache, SMS und der Datenverbindung ins Internet. Lediglich in Japan schaffte man mit „i-mode“ die erfolgreiche Etablierung eines spezifischen mobilen Datendienstes. Als Wegbereiter gelten spezifische kulturelle Eigenarten der japanischen Gesellschaft, aber auch die Unterstützung von Geschäften Dritter durch ein einheitliches Abrechnungsmodell für Inhalte. In Europa blieb dieser Erfolg aus, weil man die kulturellen Unterschiede ignorierte und sich mit der alternativen Technologie WAP mehr auf Inhalte als auf Infrastrukturdienste fokussierte. Selbst moderate Weiterentwicklungen wie ein modernes Messaging-System konnten nicht erfolgreich umgesetzt werden. Was können wir aus der Rückschau für die heutige, sehr ähnliche Situation lernen? Knapp zusammengefasst kann man sagen, dass die dynamische, innovative Welt der Consumer-Anwendungen thematisch zu weit entfernt ist von den Fähigkeiten und der Kultur eines Infrastrukturkonzerns, wie es die Netzbetreiber sind und sein müssen.

Als Apple-Chef Steve Jobs am 9. Januar 2007 das erste iPhone vorstellte, versetzte er die Welt in Staunen und Begeisterung zugleich. Plötzlich schienen ungeahnte Dinge möglich. Und tatsächlich: Smartphones haben die Art und Weise, wie wir kommunizieren, uns organisieren und Dinge recherchieren nachhaltig revolutioniert. Auch wenn das iPhone es zu Beginn gar nicht unterstützte, war es der Geburtshelfer einer völlig neuen Anwendungslandschaft: des 3G-Standards. Dieser bezeichnet das Mobilfunknetz der dritten Generation, auch UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) genannt. Verglichen mit dem 2G-Standard machte das Netz noch einmal deutlich höhere Datenübertragungsraten möglich. Während 2G insbesondere Telefonie und das Versenden von Kurznachrichten förderte, begann das Zeitalter des mobilen Internets erst wirklich mit der dritten Generation. Durch die Funkzugriffstechnik Wideband CDMA (Code Division Multiple Access) ermöglichte UMTS hohe Nutzerzahlen bei gleichzeitig positiver Anwendererfahrung (Customer Experience) und Geschwindigkeiten von zunächst 384 KBit/s, später bis 44 Mbit/s. Schlüssel für die damals neue Netzgeneration waren nicht nur die Bandbreite, sondern auch Latenzen, das Spektrum für eine bessere Abdeckung und die Kapazität. Dies alles wiederum legte den Grundstein für die Entwicklung vieler neuer Applikationen.

Anwendungen wie Napster (1999) beziehungsweise dessen rechtskonformen Nachfolger, Facebook (2004), Google Maps (2005), WhatsApp (2009) und Co sind heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Dienste aller Art nutzten die neue Infrastruktur, um eigene Angebote auf den Markt zu bringen. Anbieter von Over-the-Top-Anwendungen (OTT) griffen auf Standards zurück, um mit ihren eigenen Diensten vorbei an den Geschäftsmodellen und Diensten der Netzbetreiber schnell eine breite Masse von Nutzern zu erreichen.

Wenn also die Frage nach der neuesten Killer-Applikation auch bei 5G mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht aus dem Kreis etablierter Netzbetreiber beantwortet werden wird, dann muss auch die Frage nach neuen Geschäftsmodellen bei anderen Angeboten und Diensten ansetzen. Diskussionen um eine Beteiligung der OTT-Anbieter an den Übertragungskosten weisen in die richtige Richtung. Erfolgsversprechend können sie aber nur unter Anwendung einer optimierten Strategie sein. Der Haken an dieser Diskussion ist, dass sie direkt auf zusätzliche Einnahmen und höhere Profite abzielt. Tatsächlich werden sich neue erfolgreiche Geschäftsmodelle aber nur dann finden lassen, wenn sich die Anbieter auf den Kundennutzen fokussieren und dabei die richtigen Kunden betrachten. Wenn Consumer und deren Bedürfnisse zu weit entfernt sind von der Welt des Netzbetreibers, dann liegen vielleicht die Diensteanbieter schon etwas näher, sind sie doch Mittler zwischen den Verbrauchern und der zugrundeliegenden Infrastruktur. Der Erfolg der Bezahlfunktion im bereits genannten i-mode-System ist ein schlagender Beweis für diese Annahme.

Die Einführung von 4G, auch LTE genannt, half zuletzt, die Betriebskosten zu reduzieren – vor allem durch VoLTE und den möglichen Verzicht auf die Funktionen für leitungsvermittelte Sprachverbindungen im gesamten Kernnetz. Im Gegensatz dazu bietet 5G – ähnlich wie damals 3G/UMTS – signifikant neue Funktionen, die nicht nur neue Dienste ermöglichen, sondern auch neue Anbieter auf den Plan rufen. Da liegt es für Netzbetreiber doch nahe, diese dabei zu unterstützen, attraktive Anwendungen auf den Markt zu bringen, statt sich selbst in dieses Risiko zu stürzen. Dabei lassen sich dann auch die notwendigen Skaleneffekte erreichen und das Risiko begrenzen.

Über den Autor

Thomas Pförtner ist Projekt- und Interim Manager. Er realisiert neue Geschäftswerte durch fokussierte Projekte und ist immer dann gefragt, wenn es um strategisches Wachstum durch technische Innovationen geht. Zu seinen Auftraggebern zählen wachstumsorientierte Unternehmen aus der IT/K-Branche, der Chip- und Halbleiterindustrie sowie aus Produktion und Fertigung. Als Universalist verbindet er umfassendes technologisches Wissen über Chips und Halbleiter sowie moderne Fertigungsverfahren und Werkstoffe mit Praxiswissen über Netze, Server, moderne IT-Services und EDV. Ergänzt wird sein Kompetenzportfolio um strategisches Unternehmensmanagement-Know-how und Erfahrungen in den Bereichen Qualitätssicherung, Risikobewertung, Finanzen, Einkauf, Fertigung, Vertragswesen, Führung und Prozessteuerung. Er wirkt als Generalist. Technologie ist für ihn Mittel zum Zweck – mit und für die Menschen, die sie anwenden. Er steht für greifbare Ergebnisse und eine nachhaltige Umsetzung in der betrieblichen Praxis. Seine ganzheitliche Sicht auf menschliche, technologische, betriebswirtschaftliche, gesellschaftliche und ethische Fragestellungen in einer volatilen Geschäftswelt bringt der Diplom-Ingenieur und ausgezeichnete Interim Manager auch in verschiedene Fachzirkel und Gremien ein. Wegen seiner tiefgründigen Analysen und seiner systemisch-generalistischen Denkansätze ist er zudem als Autor in Fachmedien gefragt sowie als Experte im Rahmen von Workshops, Tagungen und Kongressen.

Weitere Informationen unter https://pfoertner-net.de.

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